„Verbrecherische Qualen, um Geständnisse zu
erpressen“ | ||
US-Präsident Bush und Pentagon-Chef Rumsfeld erklären die
schauderhaften Foltermethoden von „Befreiern“ im Irak zu „bedauerlichen
Einzelfällen“. Es handele sich um „unamerikanische Aktivitäten“, die
keinesfalls typisch seien. Die Botschaft hört man wohl. Doch Deutschen der
Erlebnisgeneration des Zweiten Weltkrieges und zeitgeschichtlich
unterrichteten Jüngeren fehlt der Glaube. Denn auch in anderen durch die
USA „befreiten“ Ländern haben sich immer wieder ähnliche, teils noch
schlimmere Geschehnisse abgespielt. Nicht zuletzt in Deutschland ab
1945. „Geradezu sadistische
Methoden“ Der evangelische Landesbischof von Württemberg
Theophil Wurm war im Dritten Reich ein Wortführer der Proteste gegen die
Versuche einer „Gleichschaltung“ der Religionsgemeinschaften. Er
profilierte sich als Repräsentant der regimekritischen Bekennenden Kirche,
appellierte nach der entsetzlichen so genannten Reichskristallnacht in
einer Eingabe an Reichsjustizminister Gürtner, den „Demütigungen und
Leiden“ der Juden Einhalt zu gebieten, protestierte auch im Krieg gegen
die Judenverfolgung und verfluchte das NS-Euthanasieprogramm. Nach
Kriegsende wandte er sich als Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in
Deutschland gegen Siegerverbrechen und Besatzerwillkür. Im Mai 1948
schrieb er an den Nürnberger US-Hauptankläger Robert Kempner hinsichtlich
der Tribunale gegen Deutsche: „Am meisten beeindruckt wurde ich von
Dokumenten, aus denen zu ersehen war, dass bei den Vorbereitungen der
Anklage in diesen Prozessen, die hernach mit Todesurteilen geendet haben,
verbrecherische Quälereien angewandt worden sind, um Aussagen und
Geständnisse zu erpressen.“ Der Stuttgarter Oberkirchenrat Rudolf Weeber,
Vorsitzender der Inneren Mission in Württemberg, erstellte 1949 ein
„Memorandum zu den Kriegsverbrecherprozessen“. Darin hieß es, deutsche
Gefangene seien „dem aus der Kriegszeit überkommenen Hass und oft der Lüge
schutzlos ausgeliefert“, der „Kriegszustand“ habe sich „vom offenen Feld
in die Gerichtssäle verlagert“. Weeber geißelte in dem Memorandum, dass im
US-Besatzergefängnis von Schwäbisch-Hall schwerste Misshandlungen an der
Tagesordnung gewesen seien, „verbrecherische Methoden der
Voruntersuchung“, teils sogar „unter gotteslästerlichem Missbrauch des
Kruzifixes“. Entsetzliches sei ebenfalls im amerikanischen
Vernehmungslager Oberursel (Taunus) geschehen und auch aus anderen
US-Internierungslagern würden „geradezu sadistische Behandlungsmethoden“
geschildert. „Von kranken Gehirnen“
Auf
Material über Foltermethoden bei den Tribunalen gegen Deutsche, das ihm
Kardinal Frings, Vorsitzender der Deutschen Katholischen
Bischofskonferenz zugeleitet hatte, reagierte der amerikanische
Apostolische Visitator Aloisius Munech am 27. November 1948 schriftlich
wie folgt: „Man schämt sich wirklich, dass so etwas geschehen ist. Meine
einzige Genugtuung in der Sache ist, wie aus den Namen ersichtlich, dass
es nicht wirklich Amerikaner waren, die die Vorverhöre
führten.“ Als sich die substanzfesten Nachrichten über
sadistische Foltermethoden durch Besatzer in amerikanischer
Offiziersuniform mehrten, erhoben sich auch in den USA Stimmen des
Protestes. Am 20. Mai 1949 erklärte Senator Joseph R. McCarthy: „Als
Anwalt und als Richter des Kreisgerichts in Wisconsin kenne und achte ich
das amerikanische System der Justiz. Ich glaube, die Welt hat eine
Demonstration amerikanischer Rechtspflege erwartet, die selbst auf unsere
besiegten Feinde angewendet werden soll. Stattdessen sind Gestapo- und
GPU- Methoden angewandt worden. Ich habe Zeugenaussagen gehört und
dokumentarische Beweise gesehen, die besagen, dass angeklagte Personen
Schlägen und körperlichen Misshandlungen unterzogen wurden in Formen, wie
sie nur von kranken Gehirnen erfunden werden konnten. Sie wurden
Scheinprozessen und –hinrichtungen ausgesetzt, man drohte, ihre Familien
der Lebensmittelkarten zu berauben, welches alles die Ankläger
rechtfertigten als notwendig zur Schaffung ‚der richtigen psychologischen
Atmosphäre zur Erlangung von Geständnissen‘. Ich bin fest davon überzeugt,
dass unschuldige Personen ebenso gut wie schuldige, auf diese Weise in die
‚richtige psychologische Atmosphäre versetzt‘, Geständnisse ablegen oder
alles und jedes bestätigen werden. Ich will nicht, dass mörderische Nazis
freigesetzt werden. Ich will nur, dass Unschuldige geschützt
werden.“ Die USA amnestierten dann zwar viele von Foltertribunalen verurteilte Deutsche, doch eine offizielle Rehabilitierung unrechtmäßig Hingerichteter gab es ebenso wenig wie eine Aburteilung der Sadisten wegen ihrer verbrecherischen Quälereien. „Warum macht Ihr mich nicht ganz
tot?“ Ähnlich wie jetzt im Irak taten es auch damals im
besetzten Deutschland manche Folterer in englischer Uniform dem Großen
Bruder gleich. Der britische Publizist Alan Moorehead schilderte in seinem
1954 in London im jüdisch geführten Verlag „Weidenfeld & Nicolson“
erschienenen Buch „The Golden Horizont“, was im Vorfeld des britischen
Militärtribunals von Lüneburg geschah: „Als wir uns den Zellen der gefangenen SS-Männer näherten, begann der aufsichtsführende Sergeant schon im Voraus wild zu brüllen. ‚Wir hatten heute früh Vernehmungen‘, lächelte der Captain. ‚Ich fürchte, der Anblick ist nicht sehr hübsch.‘ Die Journalisten wurden in die Zellen geführt, die voller stöhnender, blutbesudelter Menschen waren. Ein Mann dicht zu meinen Füßen, dessen Hemd und Gesicht von Blut dick überkrustet war, machte vergebliche Versuche aufzustehen. Endlich kam er auf die Knie und schließlich mühsam auf die Füße und stand nun, heftig zitternd, die blutigen Hände hilflos von sich gestreckt, vor uns. ‚Auf mit Euch!‘ brüllte der Sergeant die anderen an. ‚Weg von der Wand!‘ Sie stießen sich mühsam ab und taumelten nach der Mitte der Zelle. In einer anderen Zelle hatte der englische Militärarzt soeben eine Vernehmung beendet. ‚Los!‘ schrie der Sergeant, ‚steh auf!‘ Der SS-Mann lag in seinem Blut auf dem Boden. Er kroch zu einem Stuhl, legte die Arme auf den Sitz und schob sich mühsam halb in die Höhe. Noch ein Schub: Er war auf den Füßen und warf uns flehend die Arme entgegen: ‚Warum macht Ihr mich nicht tot?‘ keuchte er. ‚Warum macht Ihr mich nicht ganz tot? Ich kann nicht mehr ...‘. ‚Das sagt er uns schon den ganzen Morgen, der dreckige Bastard‘, grinste der Sergeant.“ |